Wir unterstützen die Petition der Familie Lechleuthner

Patricia Koller/ Dezember 31, 2020/ Beitrag/ 1Kommentare

Hier findet Ihr die unterstützenswerte Petition der Familie Lechleuthner im Internet:
https://www.openpetition.de/petition/online/stoppt-die-blockade-der-krankenkassen-bei-der-versorgung-schwerst-behinderter-kinder-erwachsene-3
(Aktuell könnt Ihr noch mit unterschreiben)

Dazu gibt es nun eine Antwort eines CSU-lers, die im Pfaffenhofener Kurier erschienen ist:
https://www.donaukurier.de/lokales/pfaffenhofen/Covid-19-Patientenwohl-und-Wirtschaftlichkeit-in-Einklang-bringen;art600,4729036

Beim Lesen entstand in mir der Wunsch, der Redaktion zu antworten:



@ Redaktion Paffenhofener Kurier

Liebes Redaktions-Team,  die Arroganz des CSU-lers (Zitat aus Ihrem Artikel) ärgert mich:

ZITAT: Die Sachbearbeiter der Krankenkassen und auch die fachfremden Ärzte beim MDK seien sehr gut ausgebildet, sodass sie durchaus bewerten könnten, welche Therapie notwendig sei.  „Die Dekadenz ärgert mich, dass ihnen die Qualifikation pauschal abgesprochen wird“, entgegnet er den Lechleuthners. Der Weg zu einer Lösung müsse über den Konsens führen. „Es kann nicht sein, dass sich Anwälte und Sozialgerichte einmischen.“

Menschen mit Behinderungen müssen um so vieles kämpfen, das für Nichtbehinderte selbstverständlich ist. Oft von klein auf und das ein ganzes Leben lang. Der demütigende Behördenzirkus und die Probleme mit den Krankenkassen sind für Außenstehende unvorstellbar. Oft ist es schon sehr schwer, überhaupt einen Anwalt zu finden, der helfen kann und will, denn wir lohnen uns erfahrungsgemäß nicht. Viele von uns leben in der Grundsicherung, d.h. auf Hartz4-Niveau. Auf Termine für Hauptverhandlungen beim Sozialgericht wartet man derzeit ca. 2 JAHRE.  

Hier nun von “Dekadenz” zu sprechen, wenn jemand um seine RECHTE kämpft, finde ich unangemessen und sehr arrogant. Die realitätsferne Arroganz eines Politikers, der selbst nicht betroffen ist… Wer mal mit dem MDK, den Kassen und den Behörden jahrelang um seine Rechtsansprüche gekämpft hat, kann mitreden, wie oft die Sachbearbeiter*innen KEINE Ahnung von der Problematik haben und was für Leute zu den “Begutachtungen” in die Wohnungen geschickt werden. Es gäbe extrem viel zu verbessern in unserem System. Viel zu oft wird auf Zermürbung und Entwürdigung gesetzt, damit die Betroffenen irgendwann aufgeben, um die benötigten Hilfen zu kämpfen. Deutschland hat sich da nicht viel weiterentwickelt und immer wieder fühle ich mich an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte erinnert (Aktion T4 – Krankenmorde), wenn ich mitbekomme, wie oft Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen als minderwertiges Leben betrachtet und behandelt werden.

Es kann nicht nur sein, daß sich Anwälte und Sozialgerichte einmischen, das MUSS sogar so sein, wenn es eben anders nicht funktioniert, weil viel zu viel an notwendigen Hilfen boykottiert wird.

Ich möchte dem Herrn die Lektüre der UN-Behindertenrechtskonvention ans Herz legen. Deutschland hat sie unterzeichnet, aber bis heute nicht umgesetzt.
Christlich und sozial ist das jedenfalls nicht.  

Herzliche Grüße und auf ein sehr viel besseres neues Jahr!

Patricia Koller

Vorstand Behindertenverband Bayern e.V.
Aktivistin für Behindertenrechte und Inklusion
Leiterin eines bundesweiten Selbsthilfenetzwerks

Der Leserbrief wurde veröffentlicht: https://www.donaukurier.de/lokales/pfaffenhofen/leserbriefe/art75652,4730946



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1 Kommentar

  1. Vielen Dank an Patricia Koller für dieses so wichtige Statement!

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