Behindertenwerkstätten: 300.000 Menschen bei Debatte um Pandemieschutz vergessen
Schirmherrin Katrin Langensiepen, Europaabgeordnete und Vize-Vorsitzende des Sozialausschusses sowie der interparlamentarischen Gruppe von Menschen mit Behinderung
„Menschen, die in Behindertenwerkstätten arbeiten, werden zurzeit komplett aus der Debatte zum Pandemieschutz am Arbeitsplatz ausgeschlossen. Als sogenannte „Rehabilitanden“ haben sie keinen klassischen Arbeitnehmerstatus. Für sie gilt beispielsweise nicht der Mindestlohn. Und das obwohl sie voll arbeiten und teilweise für große Marken wie VW oder Heinz produzieren.
Das ist nicht nur diskriminierend, sondern verstößt klar gegen internationales Menschenrecht. Laut der UN-Behindertenrechtskonvention, welche bereits vor 10 Jahren von der EU ratifiziert wurde, gilt für Menschen mit Behinderung das Recht auf Arbeit auf der Grundlage der Gleichberechtigung mit anderen. Die aktuelle Situation in den Werkstätten spricht entschieden dagegen. Gerade jetzt, wo es um die Debatte zur Home-Office-Pflicht geht, zeigt sich wie problematisch der Status der Werkstätten ist. Sie bewegen sich in einer Grauzone. Menschen, die dort arbeiten, wissen nicht: Muss ich jeden Morgen noch den vollen Bus zur Werkstatt nehmen? Habe ich ein Recht darauf, zu Hause zu bleiben?
In meinem Bericht, der im Frühling im Europaparlament abgestimmt wird, fordern wir, dass Werkstätten an rechtliche Rahmenbedingungen in den Bereichen soziale Sicherheit, Mindestlöhne und Nichtdiskriminierung gebunden werden. Denn Werkstätten ohne Arbeitnehmerstatus sind ein europaweites Problem. Wenn die Kommission unsere Forderungen annimmt und in der neuen EU-Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderung verankert, werden auf Mitgliedstaat-Ebene Veränderungen angestoßen werden müssen und auch Deutschland zur Rechenschaft gezogen.“
Link zum Berichtsentwurf: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/EMPL-PR-657235_DE.pdf